Messwerte-Präsentation durch die Firma Juwi sowie deren Kommentierung durch die Bürgerinitiativen „Abstand zur Windkraft“ aus Büchenbronn, Engelsbrand und Langenbrand vom 24.10.2014

Bei der Gemeinderatssitzung am 15.09.2014 in der Alten Turnhalle Grunbach hat die Fa. Juwi sogenannte Messergebnisse präsentiert.

Die Bürgerinitiativen „Abstand zur Windkraft“ aus Büchenbronn, Engelsbrand und Langenbrand halten diese „Messergebnisse“ für in höchstem Maße fragwürdig, und zwar aus folgenden Gründen:

Mittelwert und fehlende Angabe der Schwankung


Bei den Messungen von April 2013 bis Juni 2014 wurde in 40 Meter Höhe eine durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 4,38 Meter pro Sekunde gemessen. In 100 Meter Höhe waren es 5,86 m/s. Der sachkundige Referent, Herr Ludwig, hat aus diesen beiden Zahlenwerten eine Differenz von 2,5 (und nicht korrekterweise 1,5) Metern pro Sekunde errechnet und damit begründet, dass man an dieser Zunahme ja schon erkennen könne, wie sehr der Wind mit der Höhe zunimmt.

Bei der Berechnung des Durchschnitts wurden laut Juwi Mittelwerte jeweils über 10 Minuten gebildet.

Über die Schwankung der Windstärke innerhalb der 10-Minuten-Intervalle hat Juwi jedoch keinerlei Angaben präsentiert, obwohl diese die Windströmung und damit letztendlich den Ertrag maßgeblich beeinflußt. Beispielsweise führt eine kräftige Bö mit 18 m/s – ca. 65 km/h – über zwei Minuten gefolgt von Wind mit 3 m/s über die folgenden 8 Minuten zu einem Durchschnitt von 6 m/s, aber fast keinem Ertrag, während eine konstante Windströmung von 6 m/s doch deutlich mehr liefert.

Die sogenannte Weibull-Verteilung, die sich genau mit dieser Problematik beschäftigt und in der Windkraftbranche üblich ist, wurde weder erwähnt noch erörtert.

Auf die Frage eines Gemeinderates, ob in der Durchschnittsberechnung auch Windgeschwindigkeiten eingerechnet wurden, bei denen die Anlage gar nicht betrieben werden kann (Sturm), wurde von Seiten Juwi nicht geantwortet.

Gewichtung aufgrund der Schwankung des Windes über Jahre hinweg


Über die Jahre hinweg schwankt der Wind laut Herrn Ludwig mit 95%-105% um einen Mittelwert. Daher ist das gemessene Ergebnis jeweils in Relation zu setzen zur Windstärke, die an anderen, länger überwachten Messplätzen während des Messzeitraums gemessen wurde.

Im Durchschnitt mehrerer Windmessstationen – tabellarisch aufgeführt waren u. a. die Universität Karlsruhe in zwei verschiedenen Höhen, eine Stelle bei Freudenstadt sowie der Flughafen Straßburg-Entzheim – zeigt sich nach Herrn Ludwig, daß 2013 ein windschwaches Jahr war, während in den ersten Monaten des Jahres 2014 etwas mehr Wind ging. Das so gewichtete Messergebnis beträgt daher 6,1m/s in 100m Höhe.

Die Vergleichsstationen lagen bis auf die Freudenstädter Station in deutlich tiefer gelegenen Regionen, überwiegend in der Rheinebene. Die meisten Messungen erfolgten noch dazu in Bodennähe. Da laut einhelliger Auffassung der Windindustrie schon kleinere Ortsveränderungen – insbesondere in Gebirgslagen – große Leistungsänderungen ergeben können, ist erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit die unter völlig anderen Bedingungen gewonnenen Vergleichsdaten von Juwi hier herangezogen werden.

Eine Bürgerinitiative im Taunus hat, nachdem die Juwi-Präsentation für eine Bergkuppe dort zu vergleichbar phantastisch anmutenden Werten wie in unserem Fall geführt hat, verfügbare deutlich niedrigere Vergleichsdaten zweier Stationen aus nächster Nachbarschaft (7km, ebenfalls Bergkuppe) erworben und den Juwi-Werten gegenübergestellt. Juwi hat die Zahlen jedoch als nicht stichhaltig abgetan, da die örtlichen Gegebenheiten entscheidend sind. Für eigene Zwecke scheut sich Juwi jedoch nicht, Vergleichsdaten aus 30-100km Entfernung und Tallagen heranzuziehen.

Schließlich hat das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) in seinem Ertragsindex den Messzeitraum sogar als überdurchschnittlich innerhalb der letzten 10 Jahre eingestuft. Alles in allem ergibt sich daraus keinerlei Grund für eine Höhergewichtung des Messergebnisses.

Hochrechnung der Messergebnisse auf Nabenhöhe


Die Messergebnisse am Windmessmast sind nun hochzurechnen auf die Nabenhöhe der geplanten Anlage. Dazu wird laut Herrn Ludwig der Shear-Faktor verwendet. Dieser beträgt „roh“, d. h. unter Verwendung der orginalen Messhöhen von der Höhe 79m auf 99m 0,284. Mit angepaßten Messhöhen 69m und 89m ergibt sich ein Shear-Faktor von 0,25. Daraus errechnet sich dann für die Höhe von 137,5m nach Herrn Ludwig eine Durchschnittswindgeschwindigkeit von 6,65m/s.

Die „Anpassung“ der Messhöhen läßt Rückschlüsse auf das verwendete Hochrechnungsverfahren zu. Üblicherweise wird dort 2/3 der Baumhöhe vor Ort subtrahiert. Legt man die diesbezüglich beschriebenen Verfahren zugrunde, ergibt sich mit den „realen“ Messdaten für die Nabenhöhe von 137,5m eine Hochrechnung von 6,23m/s. Mit den wegen der angeblichen Windschwäche gewichteten Messungen ergibt sich eine Hochrechnung von 6,46m/s. Ein Hochrechnungsverfahren, mit dem man auf 6,65m/s kommt, kennt wohl nur Juwi.

Juwi veschweigt weiterhin, dass von maximal drei möglichen Anlagen maximal eine, ggf. aber gar keine in der Höhe, an der sich der Messmast befindet, gebaut werden kann. Der Messmast befindet sich an der höchsten Stelle am Sauberg. Die Anlagen werden an tiefer liegenden Standorten geplant. Je nachdem, in welcher Höhenlage die Anlagen geplant werden, dürfen Messergebnisse nicht hochgerechnet, sondern müssen sogar heruntergerechnet werden.

Ertragsprognose aufgrund der ermittelten Durchschnittsgeschwindigkeit


Daraus errechnen sich nun laut Herrn Ludwig unter der Prämisse, daß eine Anlage frei angeströmt wird, 10840 MWh/a oder entsprechend 37% Auslastung bzw. 3285 Volllaststunden im Jahr. Dabei wird von einer Vestas V126 mit 3,3MW Nennleistung ausgegangen.

Der Sprung von 6,65m/s auf 3285 Volllaststunden wurde nicht erläutert. Geht man von einem gleichmäßigen Wind von 6,65m/s aus und zieht das Betriebsdatenblatt der Fa. Vestas heran, so kommt man auf 900kW Leistungsabgabe, was übers Jahr verteilt zu 2389 Volllaststunden führen würde – unter der ja ebenfalls mehr als fraglichen vorgegebenen Durchschnittsgeschwindigkeit. Bei ungleichmäßigem Wind verschlechtert sich die Prognose (s. o.).

Abzug von Verlusten


Nun müssen laut Herrn Ludwig Verluste in Höhe von 2,6% bis 9,4% einkalkuliert werden, z. B. durch gegenseitige Beeinflussung der Anlagen und durch wegen Fledermäusen vorgeschriebener Abschaltzeiten. Damit kommt man dann statt der obengenannten 100%-Werte nur auf 98,4% [sic, stand so auf der Folie von H. Ludwig!], also 3197 Volllaststunden bzw. 10549 MWh/a.

Die 3197 Volllaststunden sind (mit Abzug von 2,6%) wieder richtig gerechnet. Peinlich ist die fehlerhafte Prozentangabe trotzdem.

Diskussion im Gemeinderat


In der Diskussion des Gemeinderates zum Vortrag stellt Herr Ludwig fest, daß die Einspeisungszahlen im Internet, auf die sich Windkraftkritiker bei ihrer Argumentation stützen, nicht korrekt seien. Außerdem seien Volllaststunden kein Maß für die tatsächlich generierte Energiemenge.

Bei den Einspeisungszahlen im Internet handelt es sich um die gesetzlich vorschriebene Ertragsveröffentlichung des Stromnetzbetreibers. Wieso Herr Ludwig diese Daten für inkorrekt hält, konnte er nicht glaubhaft belegen.

Volllaststunden sind eine rein rechnerische Umsetzung der angegebenen Energiemenge pro Jahr bzw. der angegebenen Auslastungsquote. Wenn also Volllaststunden kein Maß für die Energiemenge sein sollen, sind die Megawattstunden pro Jahr ebenso kein Maß und die 37% auch nicht. Allerdings fällt es dann schwer, ein Maß zu finden.

FAZIT

Die Präsentation der Messergebnisse und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen von Juwi erscheinen extrem unglaubwürdig.
Juwi macht keine Angaben, inwieweit die Messergebnisse als sicher betrachtet werden können. Es liegen keine Angaben vor, ob Messeinrichtungen beispielsweise durch den TÜV überprüft sind und ob Messwerte direkt an unabhängige Institute gesendet werden. Eine Manipulation der Messergebnisse von Juwi ist möglich, da nur dort die Messergebnisse vorliegen.
Juwi befindet sich in extremen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Ob eine Insolvenz bis zum Jahresende abgewendet werden kann, ist noch nicht gesichert. Juwi benötigt daher dringend neue Projekte. Die Gefahr, dass Messergebnisse hierfür „schön gerechnet“ werden, ist sehr hoch.
Juwi präsentiert Messergebnisse zu einem Zeitpunkt, an dem der Firma das Wasser bis zum Hals steht. Die Messergebnisse wurden bisher geheim gehalten mit dem Verweis, dass Engelsbrand keinen Gestattungsvertrag unterzeichnet hat. Ein Gestattungsvertrag von Seiten Engelsbrand ist nach wie vor nicht unterzeichnet, doch auf einmal können die Ergebnisse präsentiert werden.
Die von Juwi genannten 3285 Volllaststunden erscheinen derart unglaubwürdig, dass sie vom Publikum mit schallendem Gelächter quittiert wurden. Selbst fachkundige Befürworter haben die Zahlen als sehr frag- bis unglaubwürdig bezeichnet.
Windmessergebnisse von Juwi wurden bereits im Taunus angezweifelt. Die Messungen, die den ortsansässigen Bürgerinitiativen zur Verfügung stehen, haben um ca. 20% geringere Ergebnisse geliefert. Dies deckt sich auch mit dem Sachverhalt, dass in Rheinland-Pfalz (Stadtwerke Mainz) Erkenntnisse vorliegen, dass die realen Ergebnisse um ca. 20% unter den Prognosen liegen und daher mit Verlust gearbeitet wird.
Insgesamt hat sich der bisherige Eindruck der Unglaubwürdigkeit von Juwi markant verstärkt.